114. Artikel Sommer 1986 – „Über Erhaltung und Kreislauf der lebendigen Substanz“

Wir können behaupten, dass wir den Nachweis haben, dass hochspezifische lebende Substanzen durchaus sämtliche „Schranken“ eines jeden Organismus zu passieren vermögen, nicht nur die Schranke Verdauungskanal-Blut, sondern auch die Schranke Lymphe-Zelle. Es scheint dabei auch die These höchst wahrscheinlich, dass die normale intakte gesunde Oberfläche und Gewebszelle zwischen schädlicher und unschädlich-nützlicher Lebendsubstanz unterscheiden vermag.

Die Annahme eines Kreislaufes lebendiger Substanzen im Rahmen der Substanzkreisläufe überhaupt ist jetzt schon eindeutig mehr als eine Hypothese. Man darf annehmen, dass es neben zahlenmäßig verschwindend wenigen pathogenen Lebendsubstanzen in den Nahrungskreisläufen fast nur noch nicht pathogene gibt, wie es seit Jahrzehnten von verschiedenen Forschern schon vermutet wurde und durch diesbezügliche Arbeiten (Winter, Buchner, A. Koch) nachgewiesen wurde.

Erst damit würde sich das biologisch eigentlich selbstverständliche Postulat einer Verbindung zwischen allem Lebendigen ergeben, die für das individuelle Schicksal eines jeden Organismus, ob Pflanze Tier Mensch oder Mikrobie schlechthin schicksalsbestimmend ist. Es würde damit die eigentliche Grundlage der wissenschaftlichen Lenkung der menschlichen Lebensordnung geschaffen.

Denn wenn funktionell intakte, biologisch aktive, organisch zellwirksame und nicht nur lebloses mikromolekulares, herkunftsmäßig indifferentes Nährmaterial von Organismus zu Organismus übertragen wird, dann hängt die gesamte Lebensgemeinschaft der Organismen auf der Erde bezüglich ihres gesundheitlichen Schicksals auf die Dauer absolut voneinander ab.

Dann muss der, der sich als Nahrung Substanz von biologisch minderwertigen Nahrungsspendern, ganz gleich, ob von Pflanzen Tier oder Mikrobien – zuführt, selbst zwangsläufig biologisch minderwertig werden, weil der Einbau abwegiger Austauschsubstanz die einzelnen Zellen mehr und mehr biologisch-funktionell abwertet.

Wer sich mit dem Kreislauf der Substanzen in allen seinen Pflanzen vom Lebensvorgang „Mutterboden“ bis zum Menschen und zurück beschäftigt, bemerkt alsbald, dass normalerweise die Substanzen mitsamt den lebendigen Bestandteilen niemals direkt von Organismus zu Organismus gelangen, sondern auf dem Umweg über zahlreiche Arten von Mikrobien als „Zwischenstation“. Diese ein-zelligen Lebewesen haben also unsere höchste Aufmerksamkeit zu beanspruchen.

Wir müssen uns freilich grundsätzlich von der Einstellung freimachen, dass Mikrobien entbehrlich, überflüssig und höchstens schädlich oder gar gefährliche seien. Tatsächlich kommt schätzungsweise eine gefährliche Mikrobie auf eine Million ungefährlicher, sogar im Bereich des heutigen Menschen. Man darf sich nicht dadurch beirren lassen, dass der hochzivilisierte und damit leider meist abwehrschwache Mensch normale Bakterien schlecht verträgt. Physiologisch ist in der Natur allein der ständige Umgang mit Mikrobien, die sogar planmäßig zu ganz entscheiden den Aufgaben der Selbsterhaltung und Fortpflanzung heran gezogen werden. Die Fruchtbarkeit des Mutterbodens ist ohne Mikrobien ebenso undenkbar wie die Gesundheit der Organismen.

Der Mutterboden ist ein geradezu klassisches Studienobjekt für die Wanderung der lebendigen Substanz vom Abfall alles Lebendigen bis zur Pflanze, vom Herabsteigen des Lebendigen in die „Mutter Erde“, seiner vielfältigen Tätigkeit, Umformung und Lagerung bis zum Wiederaufstieg als Sicht in die Welt der oberirdischen Organismen. Die große Masse der Bodensubstanz wird uns zwar erst als nährstoffbildendes Chlorophyll wieder deutlich sichtbar, aber Chlorophyll wäre ohne die Arbeit der unzählig vielen Bodenorganismen undenkbar.

Was bei allen Symbionten Arbeiten ins Auge fiel, dass bei allen untersuchten Organismen, tierischer wie pflanzlicher als auch beim Mutterboden die gleichen Arten von bakteriellen Symbionten auftreten und zwar durchwegs sogenannte Milchsäurebildner. Die Übereinstimmung der mikrobiellen Ordnung bei Organismen und Mutterboden geht aber noch viel weiter. Die von unzähliger Arten von Kleintieren verarbeiteten Rückstände aus den oberirdischen Lebensvorgängen werden systematisch zunächst von Sproßpilzen (Myceten, Hefen, Schimmel) als Vorstufe verarbeitet und erst dann an die bakteriellen „Bodensymbionten“ weitergereicht. Diese hinterlassen nach ihrem Tod die Lebendsubstanz der Bodenbakterien und sind die Voraussetzung für die Entstehung der sogenannten „Boden-Gare“, das heißt der Ausbildung des durchlüfteten lockeren wasserspeichernden lebend-verbauten (Sekera) fruchtbaren Mutterbodens.

Die Klebrigkeit der Mikroben-Reste verkittet die leblose Mineralsubstanz der Bodenerosion zu Bodenkrümeln. Das alles verdient den alten Namen „Humus“ als eine Kongregation von lebender und lebloser Substanz. Die Humusbildung ist eine Art Vorverdauung für die Pflanze und der Humusboden eine Vorratskammer für die Zeiten der Vegetationsperiode in denen die Pflanze mangels Wärme Wasser und Sonne nicht wachsen kann.

Humus ist weder Mineralsubstanz noch lebende Substanz, weder organischer Abfall, noch Mikrobien, sondern nur eine Ehe zwischen dem Zerfallsprodukten ganz bestimmter Kleinlebewesen und erodiertem Mineral. Er ist eine neue biologische Gestalt und hat als solche auch seine eigenen Gesetze.

 

 

 

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