24. Artikel Winter 1959

 „Humus – unsterbliches Leben“

Alle Organismen auf der Erde sind sterblich. Sie treten nach dem Gesetz des Lebens an, wenn es die Schöpfung will, und sie durchmessen die zugedachte Bahn, bis sie wieder abtreten müssen, als Organismen ausgelöscht, als seien sie nie gewesen.
Das aber, aus dem sie gebildet sind, was ihr Leben in sich trägt, ist unsterblich, der Geist, der sie schuf, und die lebende Substanz, die ihn verkörpert. Den Geist vermögen wir nicht mit leiblichen Augen zu sehen, wohl aber die lebende Substanz, in der der Schöpfungsgeist ins Leben tritt. Mit der lebenden Substanz bildet der Geist die Organismen, die er will, die Mikrobien, die Pflanzen, die Tiere und schließlich den Menschen. Und ist auch jegliche Gestalt auf Erden vergänglich – die lebende Substanz ist es so wenig wie die leblose.
Ein jeder Organismus, auch der Mensch, bildet sich aus lebloser und lebendiger Substanz, aus den Atomen und Klein-Molekülen der Mineralien und aus den Groß-Molekülen der Lebendsubstanz.
Jeder Organismus ist aus Einzelbausteinen der Zellen aufgebaut. Die Zellen sind grundsätzlich gleich aufgebaut, aus Wasser und Mineralien, sind abgegrenzte lebendige Gebilde und existieren sowohl als Einzeller (Bakterien) bis zum Vielzeller (Pflanzen, Tiere, Mensch) und können vielerlei spezialistische Fähigkeiten erwerben.
Die Zellen werden durch die Teilchen der lebenden Substanz mit Leben erfüllt (in jeder Zelle 100 und mehr), sie organisieren den Bau der Zelle und sorgen für Ernährung und Fortpflanzung.
Die Lebendsubstanz in den Zellen erscheint als Klümpchen, das man sehen und zählen kann und das auch ohne Zelle, also zell-frei existieren kann. Sie überlebt den Tod eines Organismus und seiner Zellen und wandert im Strom der nährenden Substanzen weiter, sie überlebt Hitze und Kälte und ist offenbar unsterblich.
Die Lebendsubstanz ist einem Kreislauf unterworfen, genauso wie die Mineralstoffe. Der Kreislauf der Mineralstoffe ist wissenschaftlich ziemlich genau erforscht; die Atome der Mineralstoffe sind sich überall gleich. Im Gegensatz dazu der Kreislauf der Lebendsubstanz von dem noch kaum etwas bekannt ist. Die Lebendsubstanzen bestehen chemisch aus nur wenigen Mineralien sind aber sehr verzwickte Gebäude aus Millionen von einzelnen Atomen, die von der Natur möglichst unversehrt erhalten werden. Die Lebendsubstanzen haben die Fähigkeit sich beim Zerfall einer sterbenden Zelle mit einem organischen Schutzmantel zu umgeben um ihren kostbaren Inhalt sicher über die Runden zu bringen. Solche Fähigkeiten und Spezialitäten wie sie die Lebendsubstanzen ausmachen gibt es unzählige und deshalb ist der Kreislauf der lebenden Substanzen tausendmal wichtiger als der Kreislauf der leblosen.
Was ist nun der Kreislauf der lebenden Substanz: Tier und Mensch leben von der Pflanze, beide aber geben ihre Abfälle oder im Falle ihres Todes alle ihre Substanz an den Boden ab. Von dort nimmt die Pflanze alle Lebensstoffe, die leblosen wie die lebendigen wieder in sich auf, stellt sie auch den tierischen Organismen und uns wieder zur Verfügung – und der Kreislauf ist damit geschlossen :
Boden Pflanze Tier Mensch Boden.
Das Ergebnis der Lebenstätigkeit des Bodens nennen wir Humus und ist die Frucht der beiden Kreisläufe, wobei die Lebendsubstanz klebrig ist und die mineralische Substanz in Form von Erosionsstaub verkittet zum fruchtbaren Bodenkrümel: Der Boden wird gar.
Die Bodengare ist eine Wirkung der lebenden Substanz, ohne sie gibt es kein Wachstum und keine Pflanzengesundheit. Die durch die Arbeit des Bodenlebens hervorgebrachte Bodengare ist durch nichts anderes ersetzbar. Der Boden braucht die absterbenden Zellen der Lebewesen um ihre Substanz in Humus umzuwandeln und der wichtigste Bestandteil der Bodengare ist die lebende Zellsubstanz des verwesten Lebens, dessen Dasein beendet ist und das nach dem Gesetz der Schöpfung nach vollendetem Schicksal in den Boden zurückkehren muss.
Der Humus ist das große Reservoir lebender Substanz aus dem sich die gesamte belebte Natur ständig erneuert. Der Bauer hat dieses Reservoir anvertraut bekommen und es ist seine vornehmste Aufgabe es zu hüten.
Das ist der erste Kernsatz des biologischen Landbaues. Von der Natur wird alles getan die Lebendsubstanz mit ihrem kostbaren und komplizierten Aufbau ohne Schaden zu nehmen über die Runden zu bringen. Bei dem Kreislauf der lebendigen Substanz durch die Organismen hindurch ist eine feine unmerkliche Änderung im Gefüge sehr wohl möglich bis hin zu Krankheitsmerkmalen.
Je kränker daher Mitglieder von Lebensgemeinschaften (Mensch, Tier und Pflanze) sind, umso mehr krankhafte, abgewandelte, nicht mehr der Ordnung des Lebendigen entsprechende Lebendsubstanz wird im Kreislauf umlaufen und so gut wie man Gesundheit essen kann in Form der lebenden Nahrungssubstanz, so kann man auch Krankheit essen in Form von verdorbener Lebendsubstanz.
Möglicherweise- aber bekannt ist darüber noch überhaupt nichts – versteht es die Natur kranke Lebenssubstanz wieder zu regenerieren, bzw gesund zu machen, wenn dies aber überhaupt möglich ist, dann nur im Durchgang durch viele, viele Lebensvorgänge im Boden.
Und deshalb ist der lebende Boden für die Gesundheit von Tier und Mensch ganz und gar unentbehrlich.

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