79. Artikel Herbst 1974

„Unser Gesundheitsfilter ist der Boden“

Um die Vorgänge bei der Kompostierung zu studieren, wurden in den Jahren 1951-1953 Komposte aufgesetzt nach allen bekannten Vorschriften, es waren Stallmist-Erde-Komposte reine Pflanzenkomposte und gemischte. Die Zellzahlen des Anfangsmaterials waren sehr hoch bis zu 8000. Das Kompostmaterial wandelte sich im Lauf der Monate in eine wunderbare dunkle Erde um, die herrlich nach fruchtbarer Walderde duftete. Die Zellzahlen dieses Produktes jedoch waren auf weniger als den 10. Teil abgesunken (400-700) der Düngewert hatte sich auf einen kleinen Bruchteil verringert. Im gleichen Maße in dem die Zellzahlen absanken, verminderte sich der Zellulosegehalt des Materials, das von den Kompost-Mikroben als Nährstoff benutzt wird, dabei wird Wärme freigesetzt (Erhitzung der Komposte). Der größte Teil der Energie des organischen Abfallmaterials wird im Komposthaufen verbraucht. Es steigt die Qualität der Komposterde bis auf hervorragende Wertigkeiten aber die mengenmäßige Leistung, die Düngeleistung geht zur gleichen Zeit bis auf einen kleinen Bruchteil verloren. Damit erklärt sich, dass man im bisher üblichen biologischen Landbau zwar gesunde Kulturen von hoher biologischer Güte bekam, aber keine ausreichenden Erträge und damit keine genügende Rentabilität.

Damit schied der biologische Landbau als ernsthafte Konkurrenz für die Kunstdünger-Methode aus.

Es stellte sich jetzt die Frage, was nun tun mit den Wirtschaftsdüngern und dem sonstigen organischen Material, nachdem man wusste, dass die Kulturpflanzen wohl die ausgereiften nicht aber die frischen Dünger vertragen.

Die Natur wies den Weg: das organische Material wird dort einfach auf den Boden aufgelegt (herbstlicher Laubfall) durchläuft die Arbeitsschichten des unversehrten Bodens (kein Einpflügen) und wandelt das pflanzlich vollkommen untaugliche Abfallmaterial in beste Pflanzennahrung um. Und dabei geht nichts verloren.

Es war damals eine schwierige Sache die Änderung im Kompostierungssystem den Bauern zu erklären und den Flächenkompost den Vorrang zu geben Zudem war bereits bekannt, dass der Haufenkompost auf Grund seiner hohen biologischen Güte ein biologischer Filter darstellt, das imstande ist, alles Krankhafte und Abwegige zu beseitigen und sogar Krankheitserreger abzutöten. Das geschieht auf dem Weg der Humifizierung bei der Umbildung der lebenden Substanzen. Es stellte sich nun die Frage: Wenn man anstelle der Haufen die Flächenkompostierung praktiziert, so müsste dieser Gesundheitsprozess ebenso gut und sicher ablaufen wie im Haufenkompost. Es wurden Versuchsreihen eingerichtet mit echten hochlebendigen Krankheitserregern auf lebendigen und nicht lebendigen Böden. Dabei stellte sich heraus, dass lebendige Böden als biologisches Filter ebensogut funktionieren wie Komposte nicht aber die kaum lebendigen Böden, wie sie durch die fortlaufende Treibdüngung mit synthetischem Stickstoff produziert werden.

Die Flächenkompostierung auf biologisch lebendigen Boden erbringt dieselbe Filtertätigkeit wie der Haufenkompost.

 

„Mineralisation“ der lebenden Substanz

Ansichten der Wissenschaft im Laufe der Zeit seit:

Anfang des 20. Jahrhunderts: Jegliche organische Substanz muss im Boden „mineralisiert“ werden, ehe sie die Pflanzen aufnehmen können. Man war der Meinung, dass kein Organismus auch nicht Tier und Mensch imstande seien die großen Moleküle organischer Substanz in sich aufzunehmen. Die gegebene Schlussfolgerung war die einfache Formel von der Mineralisation, die dann folgerichtig auch der Einführung der Kunstdüngung in der Landwirtschaft ihre Berechtigung gab. Inzwischen ist viel geschehen: Die Auffassungen vom Stoffwechsel haben sich im Laufe der Jahrzehnte bis heute grundlegend gewandelt.

Zunächst bewies bereits die vor 4-5 Jahrzehnten erfolgte Entdeckung der Vitamine und Enzyme, dass es im Nahrungskreislauf auch größere Atomverbindungen gibt, die von Mensch, Tier und Pflanze aufgenommen werden können.

Heute steht absolut fest, dass ein jeder Organismus imstande ist, aus dem Nahrungsangebot die Riesenmoleküle der lebendigen Substanzen, ja sogar ganze unversehrte Bakterien in sich aufzunehmen. Es gibt also praktisch nichts in der Nahrung, was der Körper nicht auch aufnehmen kann, wenn er es will. Es gibt eine ganze Reihe von Kontrolleinrichtungen mit denen sich die Organismen normalerweise gegen die Aufnahme einer unerwünschten lebenden Substanze wehren können.

Es sind viele Erkenntnisse über den Stoffwechsel lebender Organismen durch die Forschung gewonnen worden, es wird jedoch die Aufklärung bis ins Letzte noch sehr viel Forscher-Arbeit verlangen.

Im lebenden Mutterboden ist der Stoffwechsel jedoch ganz besonders rätselhaft, weil dort die Stoffe, die man dem Boden als Nahrung (Düngung) anbietet, tatsächlich zum größten Teil (betrifft vor allem die Kohlehydrate) aufgespalten werden, also eine Mineralisation eintritt, jedoch mit Einschränkung:

Abgebaut wird nur das, was sich im Stoffwechsel der Organismen, besonders der Pflanzen relativ leicht wieder aufbauen lässt; nicht abgebaut aber wird das, was für das Leben der Pflanzen und letztlich auch der Tiere und Menschen wertvoll und lebenswichtig ist, und das sind in erster Linie die lebenden Substanzen. Sie werden lediglich von allen ihren Begleitstoffen befreit und damit einer biologischen „Reinigung“ zugänglich gemacht. Das ist letzten Endes der tiefere Sinn der sog. Humusbildung, mit der aus unbrauchbarem, ja giftigem Abfall wertvollste Pflanzennahrung zubereitet wird, oder kurz gesagt: Was entbehrlich ist für die Pflanze, wird abgebaut – „mineralisiert“ – was unentbehrlich ist, bleibt erhalten.

Auch der Abbau, die Aufspaltung zweitrangiger Stoff-Gebilde im Boden ist eine durchaus ökonomische Sache und für das Bodenleben unentbehrlich: Die Energien, die beim Abbau gewonnen werden, werden unbedingt gebraucht, um der abbauenden Bodenflora in den obersten Bodenschichten das Leben zu gestatten. Sie leben von den Energien aller der Stoffe, die für die Pflanze überflüssig und sogar zum Teil unverträglich und giftig sind – es ist schon alles weise eingerichtet. Ein jeder bekommt das, was er braucht. Die Bodenflora hat genug zum Leben, was sie verbrauchen kann, und übrig bleibt genau das, was die Pflanze zum Leben braucht: Humus.

Die lebende Substanz hat dereinst aus dem Chaos der irdischen Mineralstoffe das wohlgeordnete System der lebendigen Organismen, der Mikroben, der Pflanzen, der Tiere und der Menschen geschaffen. Sie benutzt freilich dazu die Urminerialien – wie sie ja im Urgesteinsmehl vorhanden sind, – und sie bewegt dabei ungeheure Mengen dieser leblosen Stoffe.

Das Entscheidende dabei aber ist und bleibt sie selbst, die lebende Substanz mit ihrem Ordnungsgefüge, in dem alle lebendigen Gestaltungen auf der Erde eingeprägt sind. Ohne sie gibt es kein Leben auf der Erde, und das Leben kommt nur aus Leben und niemals aus der Mineralisation.

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