84. Artikel Winter 1975

„Jetzt geht es ums Überleben der Menschheit“

Seit einiger Zeit erscheinen in Zeitungen und Zeitschriften Abhandlungen, die den Untergang der Menschheit in nicht ferner Zukunft voraussagen, belegt durch unbestreitbare Tatsachen (Club of Rome). Von Anfang an haben wir, der biologische Landbau, der Menschheit ihre Selbstvernichtung vorausgesagt, wenn sie sich nicht auf die Ehrfurcht vor dem Leben besinne und ihren Handlungen nicht alsbald die ewigen Gesetze des Lebendigen zugrundelegen.

Wir haben all unsere Kräfte eingesetzt und ein Beispiel geschaffen, das in Zukunft richtungsweisend sein wird: Es wird der Bauer sein, der die Wege weist, um die Menschheit zu retten, oder es wird keine Rettung geben.

Was ist vor sich gegangen? Was hat die menschliche Gesellschaft falsch gemacht, was muss anders gemacht werden? Wo liegen die Wurzeln des Übels?

Es begann damit, dass der Mensch die Materie entdeckte, die Welt wurde für ihn manipulierbar, sie wurde auf Gedeih und Verderb in seine Macht gegeben. Die Naturwissenschaft entschleierte das Wesen der Materie. Die Technik wurde erfunden und mit Hilfe der Maschine eine durch und durch künstliche Welt aufgebaut. Die Industrie entwickelte sich zu einer Riesen-Organisation, die heute den Erdball beherrscht, alle Lebewesen, auch die Landwirtschaft.

Dann kam der Wohlstand und mit ihm das Geld, das die Menschen zu Knechten macht. Die Menschen gehen vom Land in die Stadt, um Geld zu verdienen. Die Mächtigen von heute haben das Goldene Kalb modernisiert und nun tanzen alle drum herum.

Es verfällt alles, was das Leben schön und lebenswert macht: Kultur, Tradition, Sitte, Moral, Kunst, Familie, Gesundheit an Leib und Seele.

Und wenn man nun sagt, das alles geschehe nur deshalb, weil sich der Mensch vom lebendigen Boden größtenteils gelöst habe, so wird das außer uns und einigen, die noch nicht blind geworden sind, kaum jemand glauben und doch ist es so, ganz genauso.

Ein Volk, dessen Bauernstand zugrunde geht, hat nicht mehr lange zu leben. Man kann auch sagen: Wer die Beziehung zum Lebendigen aufgibt, ist verloren.

Der Stoffkreislauf des Lebendigen ist genau festgelegt vom Boden zur Pflanze und von dort zu Tier und Mensch und wieder zurück zum Boden. An diesem Stoffkreislauf nehmen ganz bestimmte Elemente in ganz bestimmten Mengen teil und daraus bauen alle Lebewesen ihren Leib auf, alle Hunderttausende von Pflanzenarten und über eine Million tierische Organisationen, die man bis jetzt registriert hat. Auch die Abfälle des Lebendigen enthalten diese Stoffe.

Diesem normalen natürlichen Stoffkreislauf hat nun die technische Zivilisation und ihre Großindustrie einen zweiten unnatürlichen Stoffkreislauf hinzugefügt aus Elementen, oft in riesigen Mengen, die am natürlichen Lebenskreislauf nicht teilnehmen. Es entstehen Abfälle ganz anderer Art als die Abfälle des Lebendigen, z.T. nur unbrauchbar, z.T. aber schädlich und sogar sehr giftig. Solche Abfallstoffe geraten nun zwangsläufig mehr und mehr in die natürlichen Stoffkreisläufe, das kann man überhaupt nicht verhindern. Der Boden, der von Natur aus die Aufgabe der Lebensmittelproduktion für alle Organismen erfüllen soll, reichert sich mit Fremdstoffen an, denn alle die von der Industrie produzierten und z.T. unzerstörbaren, insbesondere die synthetischen Stoffe, die Medikamente, die Schwermetalle landen zwangsläufig im lebendigen Boden.

Es kann nicht ausbleiben, dass das Bodenleben und seine lebenden Substanzen in steigendem Maße Veränderungen erleidet, sodass die Nahrung nicht mehr Heilnahrung sein kann, sondern die Entartung alles Lebenden erzwingt. Wenn die Industrieproduktion so weitergeht wie bisher, wird man eines Tages die Bodenerzeugnisse nicht mehr essen können ohne zu sterben. Da die Industrie in ihrer gegenwärtigen Struktur auf Wachstum, ständiges, alljährliches Wachstum angewiesen ist, weiß niemand wie man die zunehmende Bodenvergiftung mit Fremdstoffen verhindern soll.

Die technisierte und chemisierte Großflächen-Landwirtschaft, heute ein Zweig der Großindustrie, sorgt ihrerseits dafür, dass die natürlichen Stoffkreisläufe gestört und zerstört werden. So arbeitet die ganze materialistisch orientierte technisch-chemische Zivilisation in allen ihren Zweigen, jeder Vernunft zuwider, emsig an der Ausrottung des Lebens, und so muss letzten Endes die Menschheit ihren maßlosen widernatürlichen „Wohlstand“, den Wahn der Allmacht über die Materie, das Teufelswerk eines Irrglaubens, mit dem Leben bezahlen.

Der Weg „zurück zur Natur“ ist steinig und schwer: Harter Verzicht auf viel Bequemes, Gewohntes, Verzicht der Industrie auf jedes weitere Wachstum, schrittweisen, unverzüglichen Abbau, Aufteilen der Lebensräume in kleinere überschaubare Einheiten, Rückkehr sehr vieler Menschen aufs Land und zum lebendigen Boden.

Es gibt keine Wahl: Entweder wird dieser Weg gegangen, oder wir sind verloren. Ob die Menschen noch fähig sind diesen Weg zu gehen, muss die Zukunft erweisen.

Was wir, die Menschen im biologischen Landbau zu tun imstande waren, das ist getan worden. Das Beispiel ist gegeben. Die Kraft der Natur zur Regeneration ist unerschöpflich, wenn wir sie wirken lassen und ihre Arbeit nicht stören. Die Bio-Betriebe haben bewiesen, dass sie auf Fremd- und Giftstoffe verzichten können, dass sie weder Kunstdünger noch einen großen Maschinenpark brauchen; sie brauchen keine Industrie und keine Großflächen, sondern Mittel- und Kleinbetriebe, die überschaubar sind. Und sie bringen eine Nahrung hervor, die den Menschen wieder die Regeneration, das Überwinden der Entartung möglich macht.

Es gibt keinen anderen Weg zur Gesundung der menschlichen Gesellschaft, die an Leib und Seele krank ist, es geht auch um viel mehr als ums Überleben allein.

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